A Woman with Purpose: Kaori Nakano

A Woman with Purpose: Kaori Nakano

Vom alten Rom bis zu den modernen Modehäusern gibt es kein Thema in der Geschichte der Mode, das Kaori Nakano nicht in einer ihrer Kolumnen behandelt oder mit ihren Studentinnen diskutiert hat.

Als Expertin für westliche Modegeschichte, insbesondere für Dandyismus und die britische Königsmode, schärft die Autorin, Modehistorikerin und Professorin an einer der Top-Universitäten in Tokio, das Bewusstsein für die kulturelle Bedeutung der Mode. "Mode ist nicht nur Kleidung", sagt sie und verleiht ihr damit eine wichtige soziale und politische Relevanz.

Kaori Nakano ist das perfekte Beispiel für eine Woman with Purpose die ihre Expertise und ihr Wissen weitergibt und massgeblich an der Schaffung des modernen Verständnisses von Mode in Japan beteiligt war.

Sie sind eine Expertin für europäische Mode. Wie würden Sie die Hauptunterschiede zwischen asiatischer und europäischer Mode beschreiben? Gibt es Gemeinsamkeiten?

Die Asiat:innen neigen eher dazu, High-Fashion Marken offen zu zeigen und aktuellen Modetrends zu folgen, insbesondere wenn es ihrem Land wirtschaftlich gut geht. In Europa halten die Menschen es für bedeutungslos, etwas mit Mode zu beweisen. Sie mögen keine offensichtlichen Markenlogos oder auffällige Designs, die leicht erkennbar sind. Ich glaube, die Europäer:innen bevorzugen etwas Dezenteres. Allerdings stellen sowohl Asiat:innen als auch Europäer:innen hohe Qualitätsansprüche an Marken, das ist etwas, das sie gemeinsam haben.

Ihre Einschätzung der heutigen Mode in Japan?

Immer mehr junge Leute bevorzugen einen lässigen, nicht zu auffälligen Stil. Das ist ein Phänomen, das vor einigen Jahren aufkam, als die Deflation und die wirtschaftliche Ungleichheit wuchs. Auch die Pandemie trägt zu diesem Trend bei. Secondhand-Mode wird bei jungen Konsument:innen immer beliebter. Für sie ist es wichtig, wie sinnvoll und vernünftig ihr Kauf von Mode ist.

Welchen Einfluss hat die Mode auf die Gesellschaft?

Die Mode spiegelt unweigerlich den Zustand einer Gesellschaft und die Stimmung einer Epoche wider. Darüber hinaus kann die Mode auch gesellschaftliche Bewegungen unterstützen. Wenn man zum Beispiel ernsthaft eine vielfältige Gesellschaft in Japan aufbauen will, sollte man mit der Abschaffung der Uniform beginnen, die Student:innen bei der Arbeitssuche tragen müssen. Warum sollten alle Studentinnen hierfür Haarklammern auf genau dieselbe Art und Weise tragen? Das hindert sie daran, sich persönlich und wirkungsvoll zu präsentieren. Ausserdem macht es sie glauben, dass sie nur gehorsame und austauschbare Teile der Gesellschaft sind.

Wie würden Sie Ihren persönlichen Stil beschreiben?

Ich ändere gerne meine Outfits je nach Anlass und nach den Menschen, die ich treffe. Wenn ich ein Unternehmen als Beraterin besuche, trage ich einen massgeschneiderten Anzug, um ein seriöses Image zu vermitteln. Und ich trage hohe Absätze. Wenn ich als Professor Student:innen treffe, trage ich Turnschuhe zum Anzug, um ein Gefühl der Vertrautheit zu vermitteln. Für Empfänge und Partys wähle ich Kleider. Und ich trage oft ein Kleid mit einem auffälligen Detail am Rücken, weil die Menschen dazu neigen, ihre Aufmerksamkeit auf den Rücken der anderen zu richten.

Sie sind Modejournalistin, was ist die Rolle einer Mode-Essayistin im 21. Jahrhundert?

Unterhalterin und Moralistin. Viele versuchen, die Modeindustrie zu retten, andere versuchen, den Modejournalismus zu retten. Aber was ich tun kann, ist, die Leute mit meinen Worten (entweder geschrieben oder gesprochen) zu unterhalten. Und ich glaube, dass Mode mehr und mehr eine Frage der Persönlichkeit und nicht der Kleidung sein wird. Bei der Diskussion über Mode geht es also mehr darum, wie man sich verhält, wie man denkt, wie man redet (und nicht nur darum, wie man sich kleidet). Persönlich möchte ich gerne in Zukunft vermehrt die mutigen Menschen porträtieren, die in der Mode daran arbeiten ein System aufzubauen, das der Umwelt zugutekommt.

An welchen Projekten arbeiten Sie derzeit?

Zurzeit schreibe ich ein wissenschaftliches Buch über Business Suits und ein Weiteres über den Luxusbegriff in einer neuen Ära. Ausserdem schreibe ich Kolumnen für Zeitungen und Zeitschriften, ich unterrichte an der Universität und plane Turnschuhe und Reiseartikel zu produzieren. Es gibt nie genug Zeit.

Gibt es ein Kleidungsstück, dass Sie ganz besonders wertschätzen?

Ich schätze Dinge, die für mich einen emotionalen Wert haben und die mit Erinnerungen oder Menschen verbunden sind. Zum Beispiel ein einzigartiges Kleidungsstück, das meine Freundin für mich in Anlehnung an den Union Jack angefertigt hat, die Tasche, für die ich Markenbotschafterin war, oder eine Uhr, die ich als Erinnerungsgeschenk bekommen habe.

Der japanische Stil in 3 Worten...?

Höflichkeit, Harmonie und Disziplin.

Welche Bedeutung hat die Mode heute? Welche Zukunft sagen Sie voraus?

Alle Designideen sind fast ausgereizt. Wahrscheinlich lässt sich nur noch mit Material-Innovationen etwas wirklich Neues schaffen. Die Konsument:innen, insbesondere die Generation Z, werden immer mehr Wert auf die Werte und die Kultur der Marken legen und nicht auf das Design der Kleidung. Was zählt, ist
die Art und Weise, wie die Produkte hergestellt und verkauft werden. Die Transparenz nimmt heute zu. Informationen verbreiten sich schnell, und ein Unternehmen wird seine Unterstützung verlieren, wenn es massenhaft Ware wegwirft, die Erzeuger unfair behandelt oder sich an Produktionsaktivitäten beteiligt, die zur Zerstörung der Umwelt beitragen. Es werden die Modedesigner:innen erfolgreich sein, denen es gelingt, ein Recyclingsystem zu schaffen. Immer mehr Menschen durchschauen den trügerischen Reiz von Instagram-Posts, die man einfach besser aussehen lassen kann als die Realität. Daher wird Authentizität in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Mit anderen Worten: Die Realität siegt über die gefälschte Schönheit.

Was bedeutet es für Sie, eine Woman of Purpose zu sein?

Es bedeutet, mutig genug zu sein, sich für das Wohlergehen anderer einzusetzen. Die Probleme der Gesellschaft als die eigenen Probleme zu betrachten und zu wissen, dass man durch seinen Einsatz und Mut schlussendlich glücklicher wird.



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