Woman with Purpose: Yukako Yamashita

Woman with Purpose: Yukako Yamashita

Seit 12 Jahren entwickelt Yukako Yamashita kontinuierlich ihre Karriere in der Kunstbranche. Nach ihrem Eintritt bei Sotheby's Japan, wo sie für den Verkauf zeitgenössischer japanischer Kunst zuständig war, stellte sie in der Galerie "THE CLUB" in Ginza, Tokio, aufstrebende KünstlerInnen in Japan vor. Diese Arbeit führte dazu, dass sie im Alter von nur vierunddreissig Jahren zur Programmdirektorin der Kunstmesse "Art Collaboration Kyoto (ACK)" ernannt wurde. Die ACK wurde 2021 unter dem Motto "zeitgenössische Kunst und Kollaboration" ins Leben gerufen und schlägt eine einzigartige Brücke zwischen japanischen und internationalen Galerien, dem staatlichen und privaten Sektor sowie der bildenden Kunst und anderen Bereichen. Seit 2020 ist sie ausserdem Gastprofessorin an der Kyoto University of Art und engagiert sich in der Kunstausbildung.

Wir sprachen mit Yukako Yamashita, einer wahren Woman with Purpose, über bedeutungsvolle Kunstmessen, zeitgenössische japanische KünstlerInnen und die Herausforderungen, die sie als junge Frau in der Kunstwelt zu bewältigen hatte.

Foto @ Kaori Nishida


Was motiviert Ihre Leidenschaft für die Kunst?

Ich liebe Kunst. Egal wie müde ich bin, wenn ich ein Kunstwerk sehe, das ich grossartig finde, motiviert mich das. Was Menschen als schön empfinden, ist individuell verschieden. Wenn mich etwas, sei es Kunst oder Mode, wegen seiner Schönheit anspricht, löst das bei mir Begeisterung aus.

Sie sind seit 2022 die Programmdirektorin der Art Collaboration Kyoto. Was hat Sie dazu bewegt, eine "langsamere, bedeutungsvollere" Kunstmesse zu gestalten? Können Sie Ihre Gedanken dazu teilen?

Die Welt, in der wir leben, entwickelt sich immer mehr zu einer Konsumgesellschaft. Das beschleunigt für alles den Fluss der Zeit. Ich persönlich war vor der COVID-19-Pandemie müde, aber erfüllt. Als die Pandemie alles zum Stillstand brachte, erkannte ich, wie wertvoll es ist, Zeit für sich selbst zu haben. Das hat mich zu dem kuratorischen Thema für ACK “Blume der Zeit” gebracht. Ich wollte den Wert eines Lebens im eigenen Tempo zum Ausdruck bringen. Seit meinen späten Zwanzigern besuche ich als Kunstliebhaberin jedes Jahr Kunstmessen in der ganzen Welt. Nachdem ich im letzten Jahr die Position der ACK-Programmdirektion übernommen habe, bin ich von der blossen Besucherin einer Kunstmesse zu deren Organisatorin geworden. Aus meiner Zeit als Galeristin bei THE CLUB und Kunstliebhaberin weiss ich um den Wert des künstlerischen Prozesses und die Zeit, die KünstlerInnen für ihre Werke aufwenden. Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, einen angemessenen und nicht überhasteten Zeitplan zu erstellen, der die Bedeutung, die Leidenschaft und die Auswirkungen der Bemühungen hinter den Kulissen wirksam vermittelt. Damit das Publikum die Bedeutung eines jeden Kunstwerks richtig einschätzen kann, ist es wichtig, eine angenehme Umgebung zu schaffen, die es dem Betrachter ermöglicht, das Kunstwerk zu geniessen. Deshalb haben wir grossen Wert auf das Konzept "langsamer, bedeutungsvoller" gelegt, um das Erlebnis des Publikums zu verbessern. Es ist notwendig, eine Umgebung zu schaffen, in der die BetrachterInnen die Kunst in ihrem eigenen Tempo erleben können, damit sie sich voll und ganz auf die Werke einlassen und die Bedeutung eines jeden Kunstwerks verstehen können.

Welche Frauen in der Kunst bewundern Sie?

Ich strebe danach einen Beitrag in der Gesellschaft zu leisten. Peggy Guggenheim ist eine der Frauen, die ich dafür respektiere. Sie hatte ein mäzenatisches Denken.

Gibt es aufstrebende japanische KünstlerInnen, auf die man aufmerksam werden sollte?

Mayuko Ose, Ernst Yohji Jaeger und Genta Ishizuka. Ich bin immer an KünstlernInnen interessiert, die über einzigartige Fähigkeiten, Konzepte und Individualität verfügen und es mir ermöglichen, eine tiefere Bedeutung zu erleben.

Sie waren von 2017 bis 2022 Direktorin der Kunstgalerie THE CLUB in Ginza, Tokio, mit dem Ziel, die Kunstwelt in Japan weiter zu internationalisieren. Was ist Ihr Eindruck, nachdem Sie bei THE CLUB gearbeitet haben? Welche Synergien wurden dort geschaffen?

Ich verliess Sotheby's und übernahm die Leitung von THE CLUB mit Ende 20, um ein neues Unternehmen zu gründen. Das war ein Wendepunkt, aus dem ich viel gelernt habe. In dieser Zeit entwickelte ich die Denkweise, die ich auch heute noch verfolge: Halte an deiner Vision fest, übernimm die Verantwortung dafür und verdiene dir das Vertrauen anderer. Als ich in meinen 20ern zum ersten Mal Galerien im Ausland besuchte, war ich überwältigt von deren Internationalität und Vielfalt. Ich wollte den jungen Menschen, die die nächste Generation der Kunstwelt in Japan anführen werden, die Möglichkeit geben, diese vielfältige Kunst zu erleben, so wie ich es konnte. Für junge Menschen ist es schwieriger, von sich aus ins Ausland zu gehen. Deshalb wollte ich die Internationalisierung der Kunstwelt in Japan fördern und ein Umfeld schaffen, das es den BesucherInnen ermöglicht, im THE CLUB vielfältige Kunst von Weltrang zu sehen. Ich versuche immer noch, diese Perspektive zu erweitern, indem ich mich an der Entwicklung von Wachstumsstrategien für zentrale und lokale Regierungen beteilige, wie zum Beispiel als strategische Beraterin für die Stadt Kyoto.

Glauben Sie, dass es einen signifikanten Unterschied in der Wahrnehmung von Kunst in der östlichen und westlichen Kunstwelt gibt?

Was Kunst als Kultur im Allgemeinen betrifft, so gibt es meiner Meinung nach keine grossen Unterschiede. In jedem Land gibt es Kunstmuseen. Alle Länder haben ihre eigene Kultur. Allerdings gibt es Unterschiede in den Vorlieben für Kunst, d. h. im Geschmack der Menschen. Der Westen neigt dazu, sich die Kultur auf die Fahnen zu schreiben, während die östliche Ästhetik einen weniger-ist-mehr-Ansatz bevorzugt - ein Konzept, bei dem schöne Dinge nur dann schön oder wertvoll sind, wenn sie verborgen sind. Dies hat dazu geführt, dass die Menschen in der östlichen Welt auch kleine Kunstwerke zu schätzen wissen.

Sie kommen aus Kyoto. Wie gross ist das Potenzial Kyotos als internationale Kunststadt?

Kyoto ist attraktiv, weil es ein überwältigendes kulturelles Potenzial und eine tiefgreifende Geschichte hat, sogar wenn man es von einem globalen Gesichtspunkt aus betrachtet. In jüngster Zeit wurden in der Stadt, in der Geschichte und Zukunft nebeneinander bestehen, weitere Kunsthochschulen gegründet. Es ist ermutigend, dass Universitäten vermehrt eine Kunstausbildung auf hohem Niveau anbieten und dass es mehr junge KünstlerInnen gibt, die die nächste Generation prägen werden. Viele Menschen und Unternehmen widmen sich des Mäzenatentums und unterstützen KünstlerInnen und Kultur. Die Behörde für kulturelle Angelegenheiten wurde kürzlich nach Kyoto verlegt. Ich hoffe, dass der öffentliche und der private Sektor zusammenarbeiten können, um Kyoto zu einem internationalen Zentrum für Kunst zu machen.

Als Frau, die in der Kunstbranche arbeitet: Wo sehen Sie eine Verbindung zwischen Mode und Kunst?

Schönheit, Handwerkskunst, Einzigartigkeit und die Fähigkeit, eine reichhaltige und vielfältige Denkweise zu entwickeln.

Auf welche Handlung oder Entscheidung sind Sie besonders stolz?

Dass ich mich in neue Bereiche stürze, obwohl ich Angst habe. Ich beschloss ganz plötzlich, ins Ausland zu gehen, obwohl ich sehr behütet aufgewachsen bin. Ich war die erste Mitarbeiterin bei Sotheby's Japan, die direkt nach einem Universitätsabschluss in das Unternehmen eintrat. Ich gründete eine Galerie als neues Unternehmen, obwohl ich als Galeristin noch unerfahren war. Für mich ist es wichtig, mir meinen eigenen Platz in der Welt zu schaffen.

Gab es, besonders als Frau in der Kunstwelt, Herausforderungen, die Sie auf ihrem Weg meistern mussten? Wie haben Sie diese überwunden? Welche Botschaft oder welchen Ratschlag haben Sie aufgrund Ihrer erfolgreichen Karriere für junge KünstlerInnen und Menschen, die KuratorenInnen werden wollen, insbesondere für Frauen?

Aufgrund meines jungen Alters und meines Geschlechts bin ich verschiedenen Stereotypen begegnet. Junge Galeristinnen sind in Japan etwas Besonderes. Jetzt, im Alter von 35 Jahren, habe ich endlich angefangen, mich in meiner Position wohlzufühlen. "Es gibt keinen Regen, der nicht aufhört" ist mein Lieblingsspruch. Man kann Konflikten wegen seines jungen Alters nicht aus dem Weg gehen. Man muss immer daran glauben, dass irgendwann die Zeit kommen wird. Habt Hoffnung. Überstürzt nichts. Ich glaube, dass es besonders wichtig ist, Gleichgesinnte zu haben, denen man vertrauen kann und die sich gegenseitig unterstützen, wenn man zusammen älter wird und wächst. Meine Gruppe von Gleichgesinnten und Freunden ist für mich sehr wertvoll.

 

Photos @ Kaori Nishida

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